Das olympische Feuer brennt
Einen schönen Nebeneffekt hatte die Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio auf 2021: Nur 71 Tage sind vergangen, seit am 8. August die olympische Flamme erloschen ist, da brennt schon wieder das weltweit bekannte Symbol. In nicht einmal vier Monaten starten nämlich im chinesischen Peking die Winterspiele, bei denen Athleten aus knapp 100 Nationen um insgesamt 109 Goldmedaillen kämpfen werden. Damit bei der Eröffnungsfeier am 4. Februar 2022 im „Reich der Mitte“ der Fackellauf seinen Höhepunkt finden kann, musste heute Vormittag im antiken Stadion von Olympia auf traditionelle Art die Flamme entzündet werden. Priesterinnen darstellende Schauspielerinnen führten das bekannte Ritual durch, die Flamme wurde durch einen Hohlspiegel und Sonnenstrahlen entfacht und ist nun auf dem Weg nach Peking.
IOC-Präsident Thomas Bach betonte in seiner Rede während der gut einstündigen Zeremonie, dass „die olympischen Spiele sich gegen alle Unterschiede, die zwischen uns stehen, aufrichten und Menschlichkeit in aller unserer Diversität vereinigen“. Eine kontroverse Aussage. Schon lange wird die Menschenrechtslage im asiatischen Gastgeberland heiß diskutiert, Meinungs- und Pressefreiheit gibt es in China praktisch nicht. Dazu kommt die organisierte Unterdrückung nationaler Minderheiten, wobei sich als aktuell prominentestes Beispiel die Gefangenhaltung der in Westchina lebenden Uiguren in Internierungslagern nennen lässt. Viele Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International, fordern einen internationalen Boykott der Spiele. Diesem Aufruf sind bislang jedoch noch keine NOCs oder Athleten gefolgt.
Bereits 2008 fanden in Peking die olympischen Sommerspiele statt, auch damals war die Lage in China angespannt. Die chinesische Beanspruchung des Gebiets Tibet ist auch heute noch ein großes Thema, am Wochenende fanden in Griechenland zu diesem Thema zahlreiche Proteste statt.
Seitens des IOC ist über diese Probleme wenig zu hören. Bei den täglichen Pressekonferenzen im Sommer in Tokio wurden journalistische Fragen zur politischen Lage in China demonstrativ abgelehnt, auch sonst wird Kritik abgewiesen. Klar ist: Im Februar werden die olympischen Winterspiele stattfinden – im Idealfall mit Zuschauern, um vom Gastgeberland weltweit ein gutes Bild zu vermitteln. Das Feuer jedenfalls brennt, und wird nach einer 109-tägigen Reise in Peking ankommen.